Presse-Echo - Oktober 2013

Giftliste wird wirksam

Quelle: HNA vom 03.10.2013

VON ANDREAS HERMANN

KORBACH. Auf die Korbacher kommen umfangreiche Steuer- und Gebührenerhöhungen zu. Vereine, Einrichtungen und Initiativen sozialer und kultureller Art müssen sich in der Hause- und Kreisstadt auf Einschnitte einstellen. Eine Reihe von Zuschüssen wird gekürzt oder gar gestrichen (wir berichteten ausführlich).

Mit großer Mehrheit hat die Stadtverordnetenversammlung am Dienstagabend das Haushalts-Sicherungskonzept 2013/2014 beschlossen. Nach rund dreistündiger Debatte, in der über viele der mehr als 100 Konsolidierungsvorschläge plus die Anderungsanträge der Fraktionen einzeln abgestimmt wurde, wurde das Gesamtpaket unter Dach und Fach gebracht. Gegen das Konzept stimmten drei Stadtverordnete: Kai Schumacher, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, Republikaner Hans-Georg Münch und die fraktionslose Doris ]auer.

Unangenehme Pflicht

SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Dörflinger sprach angesichts der Erhöhungen und Kürzungen von einer unangenehmen Pflicht. Man müsse den Handlungsspielraum der Stadt zurückgewinnen und für nachfolgende Generationen bewahren. Er vermutete, dass dies leider nicht die letzten massiven Eingriffe in bestehende Haushaltsstrukturen seien. Für den Etat 2014 kündigte er einen SPD-Antrag zur Kürzung von Sach- und Dienstleistungen der Verwaltung in Höhe von 500 000 Euro an.

"Wir haben uns in vergangenen Jahren zu viel geleistet", meinte CDU-Fraktionschef Heinz Merl. Freiwillige Leistungen seien ausgebaut, manche erst geschaffen worden. Mit Blick auf die Kürzungen bei Museum und Bücherei plädierte er für eine behutsame Vorgehensweise.

FW-Fraktionsvorsitzender Kai Schumacher kritisierte die mangelnde Finanzausstattung der hessischen Kommunen. Diese müssten deshalb stets ihre Bewohner zur Kasse bitten, aber das Drehen an der Abgaben- und Steuerschraube müsse ein Ende haben. Daher lehne er persönlich das Konsolidierungskonzept ab. Schumacher: "Das ist nicht fair. Das mache ich nicht mit."

Auf der Ausgabenseite habe die Stadt über ihre Verhältnisse gelebt, sagte Grünen-Fraktionschef Dr. Peter Koswig. Die "Giftliste" sei zum Teil unausgewogen, weil sie Vereine, Kultur und Soziales besonders treffe. Der Spareffekt sei oft gering, der Schaden könne aber dennoch groß sein.

In sauren Apfel beißen"

Das ist für mich persönlich die bescheidenste Sitzung, seit ich Stadtverordneter bin", erklärte FDP-Fraktionschef Arno Wiegand. Aber angesichts der städtischen Finanzlage bleibe nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen.

Helmut Schmidt (SPD) appellierte an die Parlamentskollegen, der Verantwortung gerecht zu werden. Er bat sie - unter Verweis auf den Protest des Vereins Lesebändchen - darum, nicht alles in Frage zu stellen, weil sich einzelne Betroffene zu Wort melden.

Doris Jauer indes lehnte das Konsolidierungskonzept ab. Es könne nicht sein, dass die Stadt sich wieder Geld hole, um es wieder ausgeben zu können. Sie vermisse unternehmerisches Denken, initisierte die Fraktionslose.

Das wurde noch geändert

Sportlerehrung ist vom Tisch

  • Sportlerehrung: Laut Konsolidierungsvorschlag sollte sie nur noch alle zwei jahre stattfinden, auf SPD-Antrag wurde sie per Mehrheitsbeschluss ganz gestrichen, Minderausgabe/Jahr: 12 000 Euro
  • Louis-Peter-Schule: im Ausschuss wurde die Streichung des Zuschusses für die Sozialarbeit (17 500 Euro) empfohlen, im Stadtparlament aber per Mehrheitsbeschluss verhindert
  • Frauenhaus: Zuschuss (3000 Euro) wird nicht um 30 Prozent, sondern per Mehrheitsbeschluss um zehn Prozent gekürzt

Sonstige wichtige und unveränderte Beschlüsse:

  • Grundsteuer B (bebaute/bebaubäre Grundstücke): Hebesatz steigt von 300 auf 385 von 100: Mehreinnahme/jahr: 794 000 Euro
  • Gewerbesteuer: Hebesatz steigt von 350 auf 385 von 100: erwartete Mehreinnahme/Jahr: 1,1 Millionen Euro
  • Parkgebühren: Mehreinnahme/Jahr: 70 000 Euro
  • Sitzungsgeld Stadtverordnete/Magistratsmitglieder: wird um drei auf 15 Euro reduziert, Minderausgabe/Jahr: 5700 Euro
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Spagat zwischen drinnen und draußen

Quelle: HNA vom 05.10.2013

Im Rahmen der interkulturellen Woche trat der Lyriker Nevfel Cumart im Bürgerhaus auf und traf mit seinen knappen, klar formulierten Gedichten den wunden Punkt beim Leben zwischen zwei Kulturen.

VON ARMIN HENNIG

Korbach. Lebensnähe ist die Stärke in der Lyrik Nevfel Cumarts. Und mit seinem Talent, auch den ernsthaftesten Situationen eine heitere oder ironische Seite abzugewinnen, schenkte er allen Anwesenden einen kurzweiligen Abend mit bezeichnenden Einsichten.

"Fragen Sie ruhig, niemand kann mich aus dem Konzept bringen, ich habe keins", animierte der deutsch-türkische Lyriker schon zu Beginn seiner heiteren Personality-Show mit ernstem Hintergrund die Zuhörer zu Zwischenfragen. Die erste galt dem türkischen Anteil seiner Gedichte. Von 1600 seien gerade mal 20 auf Türkisch, antwortete er freimütig. Die deutsche Sprache sei eindeutig sein Arbeitsmaterial, auch wenn die Bildstärke sicherlich auf seine orientalischen Wurzeln zurückginge.

Sein frühes Gedicht von der Aufgabe des Brückenbauers zWischen den Kulturen, einer Aufgabe. die ihn zu zerreißen drohe, las er auf Deutsch und Türkisch. Die Hintergründe folgten eher Spontan im Verlauf des Abends.

Wir kamen mit Koffern voller Heimweh und Tränen für Jahre“, lautet ein bezeichnender Vers. Am meisten hatte der Mutter der Umzug in die Fremde zugesetzt, sie litt all die Jahre unter psychosomatischen Beschwerden, da ihr vertrautes Umfeld weggebrochen war und aufgrund der traditionellen Rollen
verteilung mit der Konzentration auf den häuslichen Bereich auch kein neuer Bekanntenkreis aufgebaut werden konnte.

Kindheit und Jugend waren geprägt von der alltäglichen Reise in die Türkei und zurück, denn die Eltern zeigten das typische Diaspora-Verhalten: Im eigenen Haus sollte alles so sein wie zu Hause - für den jungen Nevfel gleichbedeutend mit dem alltäglichen Spagat, den Eltern daheim alles recht zu machen und bei den Altersgenossen draußen anzukommen.

Außergewöhnlich die schulische Karriere: Cumart war einer von drei Jungen an einem Mädchengymnasium und der erste Abiturient mit Migrationshintergrund in Stade, wo sein Vater bei den VAW als ungelernter Arbeiter das Geld verdiente.
"In dieser Phase haben mich meine Eltern . gewähren lassen", lautete seine Antwort auf die Frage, ob sein Bildungsweg nicht zu Spannungen geführt habe. Entsetzte Reaktionen gab es eher seitens der Lehrerschaft, als er anschließend eine Lehre begann, um den Jugendlichen mit Migrationshintergrund deutlich zu machen, dass es sich lohnt sich zu qualifizieren, statt wie die Väter als ungelernte Arbeiter ans Band zu gehen.

"Ich habe mich nicht darum gerissen, Brückenbauer zu sein", bekannte er. "Ich hatte mit 18 ein Magengeschwür von den vielfältigen Belastungen." Neben der Schule betrieb Nevfel Cumart ein intensives interkulturelles Engagement und fungierte bei Prozessen als Dolmetscher, der schon mal einen Gefühlsausbruch zugunsten des Angeklagten umdeuten musste.

Für zusätzlichen Stress sorgte die erste Liebe, eine geheim gehaltene Beziehung, da der Vater des Mädchens "keinen Türkenlump" in seinem Haus haben wollte. Der nächste deutsche Schwiegervater ins spe hegte dagegen die Befürchtung, man wolle ihm seine Tochter mit 14 Kamelen abkaufen.

Dergleichen Vorurteile gehören inzwischen der Vergangenheit an, stattdessen wird er regelmäßig mit einem anderen Phänomen konfrontiert: Sobald seine türkische Herkunft zur Sprache kommt, verfallen seine Gesprächspartner unvermittelt ins rudimentäre Tarzan-Deutsch, würden ihn duzen und lauter sprechen: "Sie können normal mit mir reden", ist seine Antwort auf dieses Verhalten.

Seitdem er eine Frau mit griechischen Wurzeln geheiratet hat, kommt der Dichter eher zu Lesungen in die Heimat seiner Eltern, denn die Urlaubsreisen mit der Familie führen regelmäßig zur Schwiegermutter nach Griechenland. Inzwischen hat sich die nächste Ironie des Alltags eingestellt. Die zwölfjährige Tochter, die gerade ihre Identität als Fränkin findet, hat keine Lust mehr zur alljährlichen Reise zur Oma.

"Es gibt drei Wege in die Mitte der Gesellschaft: erstens Bildung, zweitens Bildung und noch einmal "Bildung", lautete das Fazit seiner persönlichen Erfolgsgeschichte gegen zahlreiche Widerstände. Seit seinen Zeiten als türkischer Ausnahmeabiturient hat sich in schulischer Hinsicht viel getan, die Zahl der Abiturienten mit Migrationshintergrund wächst ständig und gerade bei Unternehmen mit Engagement in der Türkei sind diese gut ausgebildeten Brückenbauer sehr gefragt.

Der Hauptgrund, warum der Abiturienten-Anteil immer noch verhältnismäßig gering ist, liegt bei der Heiratspolitik: Türkische Männer heiraten zu 95 Prozent ein Mädchen aus der Heimat, bei anderen Migranten ist die Quote niedriger, bei Polen z.B. nur 36 Prozent. Kinder mit türkischen Wurzeln haben in den meisten Fällen immer noch einen weiten Weg vor sich, selbst wenn sie nicht oder nicht mehr im selben Ausmaß gegen dieselben Widerstände ankämpfen müssen wie einst

Nevfel Cumart.

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Nixen und Geister

Quelle: HNA vom 21.10.2013

KORBACH. Die Stadtbücherei Korbach und der Verein Lesebändchen laden zu einer musikalischen Lesung mit Antje und Martin Schneider ein: Am Montag, 28. Oktober, lesen Antje und Martin Schneider ab 19.30 Uhr klassische Texte über Nixen, Meerjungfrauen und andere Wasserwesen vor.

Wassergeister, insbesondere Wassernixen, sind keine Erfindung der Romantik. Sie geisterten schon viel früher durch die Mythen, Sagen und Märchen. In der Epoche der Romantik entdeckt man sie quasi neu: Die überlieferten Stoffe wurden literarisch neu gestaltet. Mit der fortschreitenden Zivilisation handeln die Undinen-Geschichten immer mehr von der Unvereinbarkeit von Natur und Fortschritt.

Die Textauswahl spannt sich vom bretonischen Märchen über die Grimmsche Fassung der "Nixe im Teich", Friedrich de la Motte-Fouquets "Undine" bis zu Eduard Mörikes "Schöner Lau", umspült von Wassermusik.

Martin Schneider wurde 1938 in Merseburg geboren. Er studierte Germanistik und Musikwissenschaft in Halle und ist als Opernregisseur und Professor für Szenischen Unterricht an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" in Berlin tätig.

Antje Schneider (]ahrgang 1946) absolvierte eine Buchhändlerlehre und arbeitete als Buch- und Musikalienhändlerin und beim Rundfunk.

Beide sind seit mehreren Jahren Autoren und Interpreten von literarisch-musikalischen Programmen. Schneiders gastierten bereits mit verschiedenen Programmen in Korbach.

Musikalisch wird die Lesung begleitet von Gabriele Müller, Klavier, und Elisabeth Büttner, Flöte. (mb/ber)

Service: Der Eintritt kostet fünf Euro. Karten können in der Stadtbücherei Korbach und der Buchhandlung Urspruch erworben werden oder unter (05631) 53 246 vorbestellt werden.

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