Buch des Monats - November 2022

 

Lügen über meine Mutter

AutorIn:  Daniela Dröscher
Einband: Gebundene Ausgabe
Erscheinungsdatum: 18.08.2022
Verlag: Kiepenhauer & Witsch
Seitenzahl: 448
Auflage: 5. Auflage

Vorgestellt von Marie-Luise Lindenlaub



"Deine Mutter kennt kein Maß. Nicht beim Geld und nicht beim Essen." Dieser Ausspruch von Elas Vater zieht sich durch den ganzen Roman.
Ja, die Mutter ist dick. Sie wird auch dicker. Der Vater schämt sich seiner Frau. Er kontrolliert ihr Gewicht. Führt Buch. Treibt sie von einer Diät in die nächste.
Und Elas Mutter? Sie hat außer Ela noch eine jüngere Tochter, dazu noch eine Pflegetochter im Alter von Ela, die sie vor den Schlägen ihrer Mutter schützen will. Später holt Elas Mutter noch ihre eigene demente Mutter ins Haus. Dazu erträgt sie die üblen Launen ihrer Schwiegermutter.
Währenddessen wird der Ehemann immer roher und aggressiver, geht offensichtlich fremd, kauft ein Auto nach dem anderen, spielt Tennis und überlässt die Arbeit um die Familie seiner Frau.
Er macht sie auch für alles verantwortlich, was bei ihm beruflich und gesellschaftlich nicht gut läuft. An allem ist der Leibesumfang seiner Frau Schuld. Über das Haushaltsgeld verfügt er allein. Die Mutter versucht mit den wenigen Mitteln, die sie zur Verfügung hat, sich beruflich zu emanzipieren. Es ist ein Kampf gegen Windmühlenräder.
Ela liebt ihre Mutter. Dass diese dick ist, war für sie bisher kein Problem. Erst durch den Vater sieht sie ihre Mutter mit seinen Augen und gerät damit zwischen die Fronten. Das Kind übernimmt die emotionale Fürsorge, zu der die Erwachsenen nicht in der Lage sind und wird so zum Schiedsrichter gemacht. Obwohl Ela ihre Mutter liebt, beginnt sie ebenfalls, sich für den Leib ihrer Mutter zu schämen.
Wie kann das die Mutter aushalten? Warum packt sie nicht ihre Sachen und geht?
Es sind die 70er, frühen 80er Jahre. Verheiratete Frauen durften nur arbeiten gehen, wenn ihre Arbeit mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war, mit anderen Worten: wenn ihr Ehemann das erlaubte.
Bis 1977 galt bei einer Scheidung das Schuldprinzip, wobei i.d.R. die Frau den Kürzeren zog. Daraus ergab sich für sie oft nicht nur der finanzielle, sondern auch der gesellschaftliche Ruin.
Elas Mutter hat still gehalten, so lange es nötig war. Erst als die Töchter selbständig und die alte Mutter gestorben war, konnte sie sich buchstäblich befreien.
Jahre später konnten Daniela und ihre Mutter über diese Zeit sprechen.
In der heutigen Zeit ist solch ein Leben für viele junge Frauen nicht mehr vorstellbar. Gut, dass es dieses Buch gibt.

Ausleihe bei der Stadtbücherei
Kauf bei Thalia


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